Einleitung: Der Blackout in Spanien neu betrachtet – Frische Perspektiven des VDE auf ein Netz im Wandel
- Holger Roswandowicz
- vor 6 Stunden
- 11 Min. Lesezeit
I. Einleitung: Der Blackout in Spanien neu betrachtet – Frische Perspektiven des VDE auf ein Netz im Wandel

A. Rekapitulation des Fokus ursprünglicher Analysen und die fortwährende Relevanz der Netzstabilität
Die Analyse von Störfällen im elektrischen Energieversorgungssystem, wie beispielsweise eines Blackouts in Spanien, hat stets die kritische Interdependenz zwischen verschiedenen Erzeugungsarten – Photovoltaik (PV), konventionelle Kraftwerke wie Kohlekraftwerke als Träger von Synchronmaschinen – und den inhärenten Eigenschaften von Synchronmaschinen für die Aufrechterhaltung der Netzstabilität beleuchtet. Die fundamentalen Prinzipien der Elektroenergiesystemtechnik, wie sie beispielsweise im Rahmen eines Studiums der Elektroenergiesysteme an der TU Magdeburg (Zeitraum 1987-1992) vermittelt wurden, besitzen weiterhin uneingeschränkte Gültigkeit. Ihre Anwendung muss jedoch heute im Kontext einer sich rasant wandelnden Erzeugungslandschaft neu bewertet und erweitert werden. Diese Entwicklung unterstreicht, dass ein solides "Grundwissen Stromnetz" zwar essenziell bleibt, aber kontinuierlich durch das Verständnis neuer Technologien und systemischer Verhaltensweisen, wie dem Verhalten bei niedriger Momentanreserve oder dem Auftreten von Oberschwingungen, ergänzt werden muss.
B. Zweck dieser revidierten Analyse: Untermauerung fundamentalen Wissens durch aktuelle Expertise des VDE
Das klare Ziel dieser Ausarbeitung ist es, frühere Analysen und Argumentationslinien kritisch zu überprüfen und sie mit den neuesten technischen Analysen und Positionspapieren des Verbands der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V. (VDE) zu untermauern. Aktuelle Veröffentlichungen des VDE 1 bieten wertvolle, autoritative Einblicke in genau jene Herausforderungen und Lösungsansätze, die für die ursprüngliche Diskussion relevant sind. Diese Revision zielt darauf ab, aufzuzeigen, wie etabliertes Grundlagenwissen mit den zeitgenössischen Bewertungen des VDE übereinstimmt und durch diese weiter validiert wird. Der VDE stellt fest: "Ein stabiles Netz ist Voraussetzung für ein Gelingen der Energiewende. Doch während der Anteil erneuerbarer Energien steigt, wächst der Druck auf das europäische Stromsystem.".1 Diese Aussage umreißt das Kernspannungsfeld der aktuellen Entwicklung und bildet den Ausgangspunkt der folgenden Betrachtungen. Die Erkenntnisse des VDE stellen somit keine Verdrängung etablierten Wissens dar, sondern eine notwendige Evolution und Erweiterung, die die Kernprinzipien bestätigt und gleichzeitig neue Komplexitäten adressiert.
C. Die zeitgerechte Intervention des VDE: Adressierung der "hitzigen Debatte" um Energiewende und Netzsicherheit
Der VDE sieht seine Rolle darin, "technische Klarheit in eine hitzige Debatte zu bringen und die wichtigsten Aspekte einer zuverlässigen Energieversorgung zu benennen".1 Dies unterstreicht den Wert der Heranziehung von VDE-Materialien, um eine ausgewogene, technisch fundierte Perspektive zu gewährleisten. Ein spezifischer Vorfall wie der Blackout in Spanien kann dabei als Mikrokosmos betrachtet werden, der möglicherweise ein Frühindikator oder eine Manifestation umfassenderer systemischer Belastungen war. Die aktuellen, europaweit angelegten Analysen des VDE, die auch spezifische regionale Anfälligkeiten wie Leistungspendelungen unter Beteiligung der Iberischen Halbinsel thematisieren 1, erlauben es, solche Einzelereignisse in einen größeren systemischen Kontext einzuordnen und ihre Bedeutung für die gesamteuropäische Netzstabilität besser zu verstehen.
II. Fundamentale Prinzipien der Stabilität von Energiesystemen: Die bleibende Bedeutung des Synchronbetriebs im europäischen Verbundnetz
A. Das europäische Verbundnetz: Ein komplexes, interdependentes System
Das europäische Verbundnetz stellt ein weitgespanntes und hochgradig vermaschtes System dar, das sich "von Portugal bis in die Türkei" erstreckt und in das "rund 6.000 Großkraftwerke und Hunderttausende Wind- und Photovoltaik-Anlagen" einspeisen.1 Deutschland nimmt in diesem System eine zentrale Position ein, sowohl geografisch als auch topologisch, und ist "eng mit den Netzen seiner Nachbarn verbunden".1 Diese zentrale Lage trägt maßgeblich zur hohen Versorgungssicherheit bei, bedingt aber auch eine starke wechselseitige Beeinflussung mit den angrenzenden Netzregionen.1
B. Der Eckpfeiler der Stabilität: Leistungsgleichgewicht und Frequenzregelung
Das fundamentale Prinzip für einen stabilen Netzbetrieb ist das kontinuierliche Gleichgewicht zwischen eingespeister und entnommener elektrischer Leistung: "Die eingespeiste elektrische Leistung muss der entnommenen exakt entsprechen.".1 Dieses Gleichgewicht ist der "Kern eines stabilen Netzbetriebs".1 Das elektrische System verhält sich dabei wie ein "dynamischer Verbund aus gekoppelten Schwungmassen", bei dem sich die Generatoren der Kraftwerke synchron mit einer Frequenz von 50 Hz drehen, solange Erzeugung und Verbrauch übereinstimmen.1 Bei einem Ungleichgewicht, beispielsweise wenn mehr Leistung entnommen als eingespeist wird, "werden die rotierenden Massen abgebremst und die Frequenz sinkt. Umgekehrt steigt sie, wenn zu viel Leistung in das Netz eingespeist wird.".1
C. Die intrinsische stabilisierende Rolle von Synchronmaschinen und der Systemträgheit
Die "rotierenden Massen" konventioneller Kraftwerke, wie beispielsweise Kohlekraftwerke, die im Zentrum früherer Betrachtungen standen, spielen eine entscheidende Rolle durch die in ihnen gespeicherte kinetische Energie (Rotationsenergie).1 Diese inhärente Eigenschaft, oft als Systemträgheit bezeichnet, dämpft Frequenzabweichungen auf natürliche Weise. Früher wurden "Frequenzschwankungen... durch die Trägheit der konventionellen Kraftwerke gedämpft".1 Die Konsequenz eines Rückgangs dieser konventionellen Erzeuger ist, dass das System empfindlicher reagiert: "Je weniger große konventionelle Kraftwerke am Netz sind, desto empfindlicher reagiert das System mit Frequenzschwankungen auf Ungleichgewichte".1 Diese "passive" oder "inhärente" Trägheit war quasi eine kostenfreie Dienstleistung für die Netzstabilität. Ihr Verlust bedeutet, dass diese zuvor selbstverständliche Eigenschaft nun aktiv durch technische Maßnahmen, beispielsweise durch Regelungskonzepte in modernen Umrichtern, nachgebildet oder kompensiert werden muss. Die Energiewende ist somit nicht nur ein Austausch von Primärenergieträgern, sondern auch ein fundamentaler Wandel der physikalischen Eigenschaften des Netzes, was die Komplexität der Transformation erheblich steigert.
D. Das (n-1)-Sicherheitsprinzip: Auslegung für Resilienz
Das europäische Verbundnetz ist nach dem (n-1)-Sicherheitsprinzip ausgelegt. "Dieses Grundkonzept verlangt, dass der Ausfall eines einzelnen Netzelements etwa einer Leitung oder eines Transformators - nicht zu Folgeproblemen oder gar einer Versorgungsunterbrechung führen darf.".1 Die Einhaltung dieses Prinzips erfordert, dass auch nach einem solchen Einzelausfall Leitungen nicht überlastet werden, die Spannungen innerhalb zulässiger Toleranzen bleiben, die Kurzschlussleistung adäquat ist und weitere Stabilitätskriterien (Spannungs-, Winkel-, transiente Stabilität) erfüllt sind.1 Die hohe Vermaschung und die vorhandenen Redundanzen im Netz 1 sind essenziell für diese Ausfallsicherheit. Jedoch kann diese Interkonnektivität auch Nachteile bergen: "Je größer das Netz, desto länger dauert es, bis Schwankungen sich ausgleichen - das begünstigt Leistungspendelungen zwischen Regionen.".1 Störungen können sich somit unter Umständen auch über größere Distanzen ausbreiten, was die Notwendigkeit koordinierter europäischer Maßnahmen unterstreicht.
III. Auswirkungen der Energiewende auf die Netzstabilität: Bewertung neuer Herausforderungen durch den VDE
A. Der Rückgang konventioneller Erzeugung und die Erosion der Systemträgheit
Ein zentrales Thema ist der fortschreitende Rückgang konventioneller Kraftwerke und die damit einhergehende Reduktion der im System vorhandenen rotierenden Massen. Der VDE betont: "...je weniger konventionelle Kraftwerke mit rotierenden Massen am Netz bleiben, desto anfälliger wird das ganze Gefüge.".1 Dies wird präzisiert: "Je weniger große konventionelle Kraftwerke am Netz sind, desto empfindlicher reagiert das System mit Frequenzschwankungen auf Ungleichgewichte, etwa nach einem Kraftwerksausfall.".1 Diese Entwicklung ist von direkter Relevanz für die ursprünglichen Bedenken hinsichtlich der abnehmenden Rolle von Kohlekraftwerken und ihren Synchronmaschinen für die Netzstabilität.
B. Erhöhte Anfälligkeit für Frequenzabweichungen und Leistungspendelungen
Eine geringere Systemträgheit führt dazu, dass Frequenzänderungen bei einem gegebenen Leistungsungleichgewicht schneller und ausgeprägter auftreten (höhere RoCoF – Rate of Change of Frequency).1 Zusätzlich begünstigt die Ausdehnung des Netzes das Auftreten von "Leistungspendelungen" zwischen verschiedenen Regionen.1 Der VDE hebt hierbei eine spezifische Beobachtung hervor, die für die Analyse von Ereignissen in Spanien von besonderer Bedeutung ist: "Im weitläufigen europäischen Verbundsystem lassen sich verschiedene charakteristische Schwingungen beobachten etwa zwischen Nord und Süd oder, besonders ausgeprägt, zwischen Ost (Polen) und West (iberische Halbinsel).".1 Solche Pendelungen können gefährlich werden: "Wachsen die Leistungsaustausche dieser Pendelungen zu stark an, können Leitungen und Kraftwerke elektrisch überlastet werden und im Extremfall führt das zu deren Abschaltung.".1 Als warnendes Beispiel für ungedämpfte Oszillationen, die zu kaskadierenden Ausfällen führen, wird der großflächige Stromausfall 1996 im Westen Nordamerikas angeführt.1 Die Iberische Halbinsel, mit ihrer relativ schwachen Anbindung an das zentraleuropäische Netz und einem hohen Anteil erneuerbarer Energien, könnte anfälliger für solche Instabilitätsphänomene sein und somit als eine Art Frühwarnsystem für Dynamiken dienen, die bei steigendem Anteil erneuerbarer Energien auch in anderen Regionen auftreten könnten.
C. Die Herausforderung durch umrichterbasierte Ressourcen (IBR) – PV, Wind, HGÜ
Erneuerbare Energien wie Photovoltaik und Windenergieanlagen, aber auch Batteriespeicher und Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen (HGÜ), speisen Energie über leistungselektronische Umrichter in das Netz ein.1 Ein fundamentaler Unterschied zu Synchronmaschinen besteht darin, dass "deren Verhalten ausschließlich durch Regelalgorithmen bestimmt und ist anders als bei synchron laufenden Generatoren – nicht von der Massenträgheit bestimmt.".1 Dieser Mangel an inhärenter Trägheit ist ein Kernthema.
Damit einhergehend vollzieht sich ein Paradigmenwechsel: Die Netzstabilität, die traditionell stark auf den inhärenten physikalischen Eigenschaften von Synchronmaschinen beruhte (Trägheit, Überlastfähigkeit, Kurzschlussstrombeitrag), wird zunehmend von der korrekten Funktion und dem Design von Regelungssoftware ("Regelalgorithmen") abhängig. Diese "Control-Based Stability" bietet zwar hohe Flexibilität, birgt aber auch neue Risiken wie Softwarefehler, Cyberanfälligkeiten, unvorhergesehene Wechselwirkungen zwischen Regelungen oder ungenaue Systemmodelle für die Reglerauslegung.
Eine weitere, erst in den letzten Jahren verstärkt analysierte Herausforderung ist die sogenannte harmonische Stabilität. Der VDE spricht von einem "neuen Typ von Instabilität".1 "In den Umrichtern schalten Leistungshalbleiter Ströme und Spannungen mit hoher Taktfrequenz, sodass neben der Grundfrequenz von 50 Hertz sogenannte Oberschwingungen als Vielfache der Grundfrequenz entstehen.".1 Die Gefahr besteht darin, dass sich bei einer Vielzahl von Umrichtern im Netz diese Oberschwingungen überlagern und "Grenzwerte der Netzspannungsqualität verletzt werden... können Leitungen und andere Betriebsmittel überlasten oder sogar beschädigen – im kritischen Fall führt das zu einer automatischen Abschaltung.".1 Besorgniserregend ist die Feststellung, dass für "diesen neuen Typ von Instabilität... bislang erprobte Gegenmaßnahmen" fehlen 1, was den dringenden Forschungs- und Entwicklungsbedarf unterstreicht. Diese neuen Herausforderungen – geringe Trägheit, Leistungspendelungen, harmonische Instabilitäten – sind oft nicht isoliert zu betrachten. Sie können sich gegenseitig beeinflussen und komplexe, kaskadierende Ausfallpfade erzeugen, die schwerer vorherzusagen und zu beherrschen sind als traditionelle (n-1)-Ausfälle.
IV. Strategische Vision des VDE für ein sicheres, von Erneuerbaren dominiertes Netz
A. Anerkennung der Transformation: Die "Roadmap Systemstabilität"
Als Reaktion auf diese tiefgreifenden Veränderungen wurde die "Roadmap Systemstabilität des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie" initiiert, an der der VDE (ETG, FNN, DKE) maßgeblich beteiligt ist, gemeinsam mit staatlichen Akteuren, Netzbetreibern, Industrie und Wissenschaft.1 Das ambitionierte Ziel dieser Roadmap ist es, "bis Ende 2035 alle notwendigen Maßnahmen einleiten und umsetzen, damit sich ein Netz mit 100 Prozent erneuerbaren Energien sicher betreiben lässt.".1
Diese Roadmap wird als "besonders richtungsweisend" für einen "praxisnahen Fahrplan für einen sicheren, robusten Netzbetrieb" angesehen.1 Die Existenz einer solchen langfristigen Roadmap signalisiert einen proaktiven Ansatz: Anstatt reaktiv auf auftretende Probleme zu warten, wird versucht, Stabilität vorausschauend in das zukünftige Netz zu integrieren.
B. Der "Dreiklang" für zukünftige stabile Energiesysteme
Laut VDE-Pressemitteilung 1 basiert die Strategie für stabile Energiesysteme der Zukunft auf einem Dreiklang:
Technische Weiterentwicklung von Umrichtern:
Dies umfasst insbesondere die Entwicklung und den Einsatz von "netzbildenden Umrichtern" (Grid-Forming Inverters).1 Deren Potenzial liegt darin, dass "über die Regelalgorithmen sogenannter netzbildender Umrichter... Freiheitsgrade zur Definition des Übertragungsverhaltens und zur Stabilitätsverbesserung bis hin zur Nachbildung rotierender Massen genutzt werden" können.1 Es wird jedoch auch eingeräumt, dass "für den Betrieb großer Anzahlen von Umrichtern im Verbundnetz... hierbei allerdings noch Forschungsfragen offen" sind.1 Obwohl netzbildende Umrichter als Schlüssellösung zur Nachbildung des Verhaltens von Synchronmaschinen gelten, sind sie keine einfachen "Drop-in"-Replacements. Ihre Interaktion im Großeinsatz, ihr Verhalten unter diversen Fehlerbedingungen und ihr eigener Beitrag zu (oder ihre Minderung von) harmonischen Problemen sind komplexe Forschungsfelder. Sie sind eine entscheidende Entwicklung, aber ihre zuverlässige Implementierung im breiten Maßstab wird die Überwindung signifikanter technischer und potenziell auch ökonomischer Hürden erfordern.
Zur Verdeutlichung der unterschiedlichen Beiträge zur Netzstabilität dient folgende vergleichende Übersicht:
Tabelle 1: Vergleichende Übersicht der Beiträge zur Netzstabilität – Synchrongeneratoren vs. Umrichterbasierte Ressourcen (IBR)
Stabilitätsaspekt / Dienstleistung | Synchrongeneratoren (z.B. aus Kohle-/Gaskraftwerken) | Konventionelle IBR (Netzfolgend PV/Wind) | Fortschrittliche IBR (Netzbildend) |
Trägheitsmoment (Rotationsenergie) | Hoch, inhärent | Keine, ggf. synthetisch/emuliert (begrenzt) | Regelungsbasiert, kann Momentanreserve bereitstellen |
Frequenzregelung (Primär-, Sekundär-) | Inhärent & Regler-gesteuert | Regelungsabhängig, schnell aber energiebegrenzt | Regelungsabhängig, potenziell sehr schnell, energiebegrenzt |
Spannungsstützung / Blindleistungsregelung | Hohe Fähigkeit, inhärenter Spannungsregler (AVR) | Regelungsabhängig, schnell, leistungsbegrenzt | Regelungsabhängig, schnell, als Spannungsquelle konzipiert |
Fehlerdurchfahrverhalten (FRT) | Robust, inhärente physikalische Grenzen | Regelungsabhängig, kann vulnerabel sein | Für robustes FRT konzipiert, aktive Stromeinspeisung |
Kurzschlussstrombeitrag (Netzstärke) | Hoch, stützt Spannung | Gering/vernachlässigbar, auf Netzstärke angewiesen | Kann kontrollierten Fehlerstrom liefern, wirkt als Spannungsquelle |
Dämpfung von Leistungspendelungen | Kann mit PSS ausgestattet werden | Generell passiv oder erfordert spezielle Dämpfungsregler | Kann mit aktiven Dämpfungsfunktionen ausgestattet werden |
Harmonische Emissionen | Gering, gut verstanden | Potenzial für höhere Harmonische, filter-/regelungsabhängig | Regelstrategie zielt auf Minimierung, Interaktionen bleiben Thema |
Schwarzstartfähigkeit | Einige Einheiten inhärent fähig | Generell nicht, erfordert externes Netz | Potenziell, bei ausreichend lokaler Energie & Regelung |
Verstärkte europäische Zusammenarbeit bei der Netzplanung:
Angesichts der Interkonnektivität des Netzes und grenzüberschreitender Phänomene wie Leistungspendelungen ist ein koordinierter Ansatz unerlässlich.1
Investitionen in die digitale Infrastruktur:
Dies ist eng mit dem folgenden Punkt zur Digitalisierung verknüpft.1
C. Die Schlüsselrolle von Digitalisierung, fortschrittlicher Regelung und Cybersicherheit
"Die Beherrschung dieser komplexen technischen Herausforderungen erfordert einen entscheidenden Entwicklungssprung in der Netzüberwachung und -steuerung.".1 Notwendig sind "resiliente digitalisierte Netzleitstellen", um dezentrale Einspeiser und neue Verbraucher (Wärmepumpen, Elektrofahrzeuge, Elektrolyseure) zu koordinieren.1 Von kritischer Bedeutung sind dabei "robuste Cybersicherheit" und "schwarzfallfeste" Kommunikationssysteme.1 Dr.-Ing. Damian Dudek von der VDE ITG betont: "Ohne robuste Informations- und Steuertechnik lassen sich weder Echtzeitdaten im elektrischen Energienetz verarbeiten noch wirkungsvolle geeignete Maßnahmen im Störfall umsetzen.".1 Die Gewährleistung von "Schwarzfallfestigkeit" und Cybersicherheit ist dabei nicht allein eine technische Aufgabe. Sie erfordert soziotechnische Ansätze, die organisatorische Prozesse, menschliche Faktoren (Schulung, Bewusstsein), regulatorische Rahmenbedingungen und internationale Kooperation (insbesondere bei Cyberbedrohungen) integrieren.
D. Verbesserte Netzüberwachung und prädiktive Fähigkeiten
Die Netzleitstellen nutzen bereits heute mathematische Modelle und digitale Messwerte zur Überwachung des Systemzustands und zur Intervention.1 Kontinuierliche Analysen und die Simulation von Stressszenarien (Extremwetterlagen, außergewöhnliche Marktsituationen, technische Ausfälle) helfen, kritische Phasen wie "Hellbrise" (viel Wind/Sonne) oder "Dunkelflauten" (wenig Wind/Sonne) vorausschauend zu erkennen und darauf zu reagieren.1
V. Untermauerung der Analyse: Abgleich ursprünglicher Erkenntnisse zum Blackout in Spanien mit der Expertenhaltung des VDE
A. Neubetrachtung des spanischen Blackout-Kontexts durch die Brille der VDE-Erkenntnisse
Die spezifischen Phänomene, die in ursprünglichen Analysen des spanischen Blackouts diskutiert wurden – beispielsweise die Auswirkungen hoher PV-Durchdringung, der Ausfall einer großen konventionellen Einheit, Spannungsprobleme oder Frequenzstabilitätsereignisse – lassen sich nun systematisch mit den vom VDE identifizierten übergeordneten Herausforderungen in Verbindung bringen. So können beispielsweise diskutierte Regelungsprobleme oder unerwartetes Verhalten von PV-Anlagen während des spanischen Ereignisses mit den allgemeinen Bedenken des VDE hinsichtlich Umrichterregelung, harmonischer Wechselwirkungen 1 oder dem Bedarf an fortschrittlichen Umrichterfähigkeiten verknüpft werden. Sollten frühere Analysen des spanischen Blackouts bereits vor einigen der jüngsten umfassenden Stellungnahmen des VDE erfolgt sein, können diese als frühe, praxisnahe Beobachtungen von Phänomenen gewertet werden, die der VDE nun systematisch analysiert und adressiert. Dies würde die Scharfsichtigkeit der initialen Analyse unterstreichen.
B. Die Rolle von Kohle/Synchronmaschinen: VDE validiert Bedenken zum Trägheitsverlust
Die Aussagen des VDE zur Kritikalität rotierender Massen und den Konsequenzen ihres Rückgangs 1 stützen direkt die ursprünglichen Argumente zur stabilisierenden Rolle von beispielsweise Kohlekraftwerken (als Hauptlieferanten großer Synchrongeneratoren und damit von Trägheit) und den Risiken, die mit ihrem Ausstieg ohne adäquaten Ersatz ihrer Stabilitätsdienstleistungen verbunden sind. Dies stellt eine wesentliche Bestätigung des etablierten Grundlagenwissens dar.
C. Leistungspendelungen und die Iberische Halbinsel: Eine spezifische Bestätigung
Die explizite Erwähnung der Anfälligkeit der Iberischen Halbinsel für Leistungspendelungen durch den VDE 1 ist ein starkes Argument. Es legt nahe, dass Instabilitätsereignisse oder Blackouts in Spanien sehr wahrscheinlich von diesen breiteren europäischen Systemdynamiken beeinflusst sein oder eine Manifestation derselben darstellen könnten. Dies liefert eine gewichtige, vom VDE gestützte Begründung für den Fokus auf Spanien und die dort beobachteten Phänomene.
D. Harmonische Instabilitäten – Ein potenziell neuer Blickwinkel für das spanische Ereignis?
Es ist zu erwägen, ob der vom VDE beschriebene "neue Typ von Instabilität" im Zusammenhang mit Oberschwingungen 1 eine bisher unerkannte oder unterschätzte Rolle beim spanischen Blackout oder ähnlichen Ereignissen gespielt haben könnte. Auch wenn ursprüngliche Artikel diesen Aspekt möglicherweise nicht thematisiert haben – da es sich um ein erst in jüngerer Zeit intensiver analysiertes Phänomen handelt – erlaubt die Betonung durch den VDE dessen Einführung als relevanten Faktor bei modernen Netzstörungen. Über die rein technische Untermauerung hinaus haben die Erkenntnisse des VDE 1 auch politische Implikationen, etwa hinsichtlich der Notwendigkeit von Marktmechanismen zur Bewertung von Stabilitätsdienstleistungen, Investitionen in neue Infrastruktur und F&E-Förderung für netzbildende Umrichter sowie Maßnahmen zur Beherrschung harmonischer Probleme. Eine technische Analyse kann somit auch aufzeigen, wie technische Schlussfolgerungen politische Entscheidungen für eine stabile Energiewende informieren sollten.
VI. Schlussfolgerung: Die Zukunft der Netzstabilität mit fundierter Expertise und koordiniertem Handeln gestalten
A. Synthese: Die aktuelle Haltung des VDE bestätigt und erweitert zentrale Stabilitätsgrundsätze
Die jüngsten Veröffentlichungen des VDE 1 bestätigen die bleibende Bedeutung klassischer Prinzipien der Netzstabilität – Trägheit, Frequenzregelung, Spannungshaltung – und beleuchten gleichzeitig die neuen, komplexen Herausforderungen, die durch die Energiewende und umrichterbasierte Ressourcen entstehen. Es wird deutlich, dass ein fundiertes Verständnis der Systemdynamik, wie es beispielsweise an der TU Magdeburg im Bereich Elektroenergiesysteme vermittelt wurde, insbesondere hinsichtlich des Verhaltens von Synchronmaschinen, hochrelevant bleibt. Dieses Wissen muss jedoch im neuen, sich wandelnden Kontext angewendet und erweitert werden. Die Bemühungen des VDE, beispielsweise durch die Entwicklung netzbildender Umrichter 1, zielen im Wesentlichen darauf ab, neue Technologien so zu gestalten, dass sie in Schlüsselaspekten das verlässliche Verhalten von Synchronmaschinen nachahmen. Dies unterstreicht, dass die Betriebs-Prinzipien, die Synchronmaschinen verkörperten (Spannungsquellenverhalten, inhärente Trägheit, Kurzschlussstrombeitrag), nach wie vor erstrebenswert sind. Das tiefgreifende Verständnis dieser Prinzipien ist daher nicht obsolet, sondern bildet den kritischen Rahmen für das Verständnis dessen, was durch neue Technologien repliziert oder kompensiert werden muss.
B. Die unverzichtbare Verbindung traditioneller Mechanismen und neuer technologischer Lösungen
Die zukünftige Netzstabilität wird auf einer Kombination verschiedener Ansätze beruhen müssen:
Optimierung des Einsatzes verbleibender Synchronmaschinen (wo technisch machbar und ökologisch vertretbar).
Rasche Entwicklung und Implementierung neuer Technologien wie netzbildender Umrichter.1
Fortschrittliche digitale Überwachungs-, Regelungs- und Schutzsysteme.1
Robuste Maßnahmen zur Cybersicherheit.1
C. Ein Aufruf zu fortgesetzter Wachsamkeit, Forschung und Zusammenarbeit
Die Energiewende ist ein fortlaufender Prozess, der kontinuierliche Anpassung, Forschung (z.B. zu harmonischer Stabilität, Interaktion von IBR im Großmaßstab 1) und Zusammenarbeit aller Akteure (Industrie, Wissenschaft, Netzbetreiber, Politik) erfordert, wie vom VDE betont. Der Erfolg von Initiativen wie der "Roadmap Systemstabilität" 1 wird maßgeblich von der Verfügbarkeit qualifizierter Ingenieure, Techniker, Forscher und politischer Entscheidungsträger abhängen, die diese komplexen Zusammenhänge verstehen. Die Weitergabe von Wissen und die Förderung der nächsten Generation von Fachleuten für Energiesystemtechnik sind daher von entscheidender Bedeutung. Abschließend lässt sich festhalten, dass Expertenanalysen, untermauert durch die Erkenntnisse führender Fachverbände wie dem VDE, unerlässlich sind, um die komplexen technischen Herausforderungen zu meistern und eine sichere und zuverlässige Energiezukunft zu gewährleisten.
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