So berechnen Sie den Energieverbrauch Ihrer Biogasanlage richtig – Ein Leitfaden für Landwirte
- Holger Roswandowicz
- 3. Apr.
- 4 Min. Lesezeit

Einleitung
Biogasanlagen leisten in der Landwirtschaft nicht nur einen wertvollen Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung, sondern sind auch ein bedeutender Teil des betrieblichen Energieverbrauchs. Mit dem neuen Energieeffizienzgesetz (EnEfG) ist es wichtig, den Energieeinsatz im eigenen Betrieb korrekt zu erfassen, zu bewerten und einzuordnen. Besonders für Betreiber von Biogasanlagen mit Blockheizkraftwerken (BHKW) stellt sich die Frage: "Bin ich verpflichtet, ein Energiemanagementsystem einzuführen?"
In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen anhand eines konkreten Beispiels (500 kW-BHKW mit 8.000 h Laufzeit pro Jahr), wie Sie Ihren Energieverbrauch korrekt berechnen. Wir erklären, welche Energieflüsse berücksichtigt werden müssen, was zum Eigenverbrauch zählt, welche Rolle der Wirkungsgrad spielt und wie sich das auf Ihre Verpflichtungen nach dem Energieeffizienzgesetz auswirkt.
1. Was wird unter Energieverbrauch verstanden?
Im Alltag meinen wir mit Energieverbrauch meist den Strom, den wir beziehen. Für das Energieeffizienzgesetz ist das Verständnis jedoch umfassender:
Energieverbrauch meint die gesamte Endenergie, die ein Unternehmen für seine eigenen Zwecke einsetzt. Dazu gehören Strom, Wärme, Brennstoffe, Biogas und andere Energieträger.
Auch selbst erzeugte Energie (wie Strom und Wärme aus der eigenen Biogasanlage) wird berücksichtigt, wenn sie im Betrieb selbst genutzt wird.
Nicht berücksichtigt werden dagegen Energiemengen, die nachweislich an Dritte abgegeben werden, z. B. Strom, der ins Netz eingespeist oder Wärme, die über ein Nahwärmenetz verkauft wird.
2. Die Beispielanlage: 500 kW-BHKW, 8.000 Betriebsstunden
Wir gehen von einer Biogasanlage mit einem BHKW aus, das folgende Werte liefert:
Elektrische Leistung: 500 kW
Jährliche Laufzeit: 8.000 Stunden
Die elektrische Stromproduktion ergibt sich einfach aus Leistung mal Laufzeit:
500 kW × 8.000 h = 4.000.000 kWh (4 GWh)
Damit liegt die jährliche Stromproduktion dieser Anlage bei 4 GWh. Aber das ist nur ein Teil der Gesamtenergie, die durch Biogas umgesetzt wird.
3. Wie viel Energie wird insgesamt umgesetzt?
Ein BHKW wandelt die im Biogas enthaltene Energie in zwei Nutzformen um:
Strom
Wärme
Ein typischer elektrischer Wirkungsgrad liegt bei ca. 38 %. Das bedeutet: Nur 38 % der eingesetzten Biogas-Energie wird in Strom umgewandelt. Weitere ca. 47 % werden in nutzbare Wärme umgewandelt (z. B. über das Kühlsystem und die Abgasanlage).
Somit ergibt sich für unseren Betrieb:
Biogas-Energieeinsatz: 4.000.000 kWh / 0,38 ≈ 10.526.000 kWh (10,53 GWh)
Thermische Energieproduktion: 10,53 GWh × 0,47 ≈ 4.948.000 kWh (4,95 GWh)
Die Gesamtenergie, die Ihre Anlage also tatsächlich umsetzt, liegt bei über 10 GWh pro Jahr.
4. Was verbraucht die Anlage selbst?
Ein Teil der erzeugten Energie wird im Betrieb selbst benötigt:
Strom:
Für Rührwerke im Fermenter
Für Pumpen und Fördertechnik
Für Gasaufbereitung und Steuerung
Typisch ist ein Eigenstrombedarf von ca. 7,5 % der Stromproduktion:
4.000.000 kWh × 0,075 = 300.000 kWh (0,3 GWh)
Wärme:
Zur Beheizung des Fermenters (mesophil ~38 °C)
Für Betriebsgelände (z. B. Büro, Werkstatt)
Typisch ist ein Eigenwärmebedarf von ca. 28 % der nutzbaren Wärme:
4.950.000 kWh × 0,28 = 1.386.000 kWh (1,39 GWh)
Übersicht:
Strom Eigenverbrauch: 0,3 GWh
Wärme Eigenverbrauch: 1,39 GWh
5. Wie viel Energie bleibt für die Abgabe?
Strom zur Einspeisung: 4,0 GWh - 0,3 GWh = 3,7 GWh
Wärme zur Abgabe: 4,95 GWh - 1,39 GWh = 3,56 GWh
Diese Energiemengen können an andere Nutzer abgegeben oder (wenn keine Abnahme besteht) ungenutzt an die Umwelt abgegeben werden.
6. Gesamtenergieverbrauch nach EnEfG
Nach dem Energieeffizienzgesetz zählt zur Bewertung:
Der gesamte Energieeinsatz, der im Unternehmen bleibt.
Das heißt konkret:
Biogasverbrauch: 10,53 GWh
Abzüglich Einspeisung Strom: -3,7 GWh
Abzüglich abgegebene Wärme: -3,56 GWh
=> Netto-Endenergieverbrauch des Betriebs: ≈ 3,27 GWh + Verluste
Aber: Auch Verluste (z. B. durch Abgas, Kühlung etc.) müssen dem Energieverbrauch zugerechnet werden. Rechnet man 10 % Verluste ein (~1,05 GWh), ergibt sich ein Gesamtverbrauch von ≈ 4,3 GWh.
7. Wann gilt das Energieeffizienzgesetz?
Das EnEfG verpflichtet Unternehmen mit einem durchschnittlichen Energieverbrauch von mehr als 7,5 GWh pro Jahr, ein Energie- oder Umweltmanagementsystem (z. B. ISO 50001) einzuführen.
In unserem Beispiel:
Nettoverbrauch: ≈ 4,3 GWh
Damit unterhalb der Schwelle
Aber Achtung: Falls weitere Anlagen im Betrieb laufen (z. B. Trocknungsanlagen, Milchkühlung, zweites BHKW), kann die Schwelle schnell erreicht oder überschritten werden.
8. Wann wird die Schwelle überschritten?
Beispiele:
Zwei 500 kW-BHKW: ≈ 2 × 4,3 GWh = 8,6 GWh ✔
Hoher Eigenbedarf: z. B. Gewächshäuser mit Nahwärme = +1 GWh ✔
Kombination mit Trocknungs- oder Kälteanlagen ✔
Dann greift das EnEfG und verpflichtet zur Umsetzung eines Energiemanagementsystems binnen 18 Monaten.
9. Was ist ein Energiemanagementsystem (EnMS)?
Ein EnMS nach ISO 50001 umfasst:
Regelmäßige Erfassung des Energieverbrauchs
Analyse der Verbräuche
Definition von Einsparzielen
Planung und Umsetzung von Maßnahmen
Schulung von Mitarbeitenden
10. Wie kann das Stromfee-Tagebuch helfen?
Das Stromfee-Tagebuch ist ein intelligentes Energiedaten-Dashboard, das:
Alle Verbrauchsdaten übersichtlich darstellt
Eigenverbrauch von Strom und Wärme getrennt analysiert
Schwachstellen in der Anlage erkennt
Die Vorbereitung auf ISO 50001 erleichtert
Es unterstützt Landwirte und Betreiber von Biogasanlagen dabei, jederzeit die Kontrolle über ihren Energiehaushalt zu behalten.
Fazit
Viele Landwirte betreiben Biogasanlagen mit hoher Energieumsetzung. Dabei wird oft nur die Stromproduktion im Blick behalten. Doch entscheidend ist die Gesamtenergie, die über das Jahr hinweg genutzt und verbraucht wird. Für eine genaue Bewertung müssen Strom und Wärme, Eigenverbrauch und Verluste sowie Abgaben an Dritte berücksichtigt werden.
Mit unserem Beispiel haben wir gezeigt, dass selbst eine 500 kW-Biogasanlage mit 8.000 h Laufzeit nicht zwangsläufig unter das EnEfG fällt. Doch je nach Eigenverbrauch und weiterer Technik kann die Schwelle überschritten werden.
Ein intelligentes Dashboard wie das Stromfee-Tagebuch hilft dabei, alle Energieflüsse im Blick zu behalten, sich rechtzeitig auf gesetzliche Anforderungen vorzubereiten und langfristig wirtschaftlicher zu arbeiten.
Sie haben Fragen zu Ihrer eigenen Anlage oder möchten eine individuelle Einschätzung? Dann schreiben Sie uns – wir helfen gern!
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